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Zu Besuch in der Schuhproduktion

In Portugal zu produzieren ist super: Herzliche Menschen, gutes Essen, Sonne, Strand und Meer. Das ist tatsächlich so. Aber der Alltag in der Produktion ist manchmal dann doch etwas weniger romantisch.

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Portugal als Produktionsland

Was vielleicht viele nicht wissen: Portugal hat eine langjährige Expertise in der Schuhproduktion bzw. Textilproduktion generell. Gerade im Norden in der Region um Porto finden sich enorm viele Schuh- und Textilmanufakturen. Im Vergleich zu Italien oder Spanien ist das Preisniveau attraktiver. Zudem sprechen die Portugiesen oft gut Englisch und ich nehme die Menschen als unglaublich lösungsorientiert wahr.


Lokales Sourcing, zwei bis drei Besuche pro Jahr

Ich versuche, nicht ständig hin und her zu jetten und fahre jeweils nur zwei bis drei Mal pro Jahr in die Produktion. Vieles lässt sich mit Videos über WhatsApp klären. Aber gerade wenn es darum geht, ein neues Schuhmodell zu Entwickeln und Details festzulegen, ist es einfacher und effizienter, wenn man persönlich vor Ort ist. Normalerweise fahre ich jeweils für drei Tage hin. Für den letzten Besuch habe ich etwas mehr Zeit eingeplant, da ich gerade eine neue Produktion aufbaue, ein neues Schuhmodell entwickelt habe und einige weitere Dinge testen wollte. Meine Produktions-Partner liegen alle ca. 45 Minuten ausserhalb von Porto und sind von dort aus in rund einer Stunde erreichbar. Das lokale Sourcing ist somit nicht nur nachhaltig, sondern auch praktisch.


Vorbereitung ist alles

Los geht es jeweils schon vor dem eigentlichen Besuch mit einer akkuraten Vorbereitung. Das ist Voraussetzung, damit wir in der kurzen Zeit so viel wie möglich besprechen, erledigen, testen und lösen können. Hunderte kleinere und grössere Dinge müssen durchdacht, organisiert, dokumentiert und gepackt werden. Ich sammle die Themen jeweils in der Zeit zwischen den Besuchen und strukturiere dann die endlose Liste auf eine sportliche Agenda herunter.


Ein typischer Tag in der Produktion

Den gibt es nicht. Jeder Tag ist anders, aber alle sind ereignisreich und faszinierend. Ich bin total gerne «in der Fabrik» und bei den einzelnen Prozessschritten mit dabei.


Wenn wir z.B. ein neues Modell entwickeln, machen wir jeweils mehrere Sample-Runden. D.h. die Muster-Schuhe oder -Teile werden direkt «gemacht», wir besprechen Anpassungen und setzten diese sofort um. Wenn ich bei einem Schnittmuster ein paar Millimeter kürzen möchte, kann ich die neue Version jeweils ein paar Minuten später anprobieren.


Das macht echt enorm viel Spass! Und es ist Teamarbeit zwischen den Experten für die jeweiligen Bereiche der Produktion gefragt. Es kann schon mal sein, dass wir zu fünft oder mehr über ein Detail eines Schuhs fachsimpeln. Dabei lerne ich immer viel über die einzelnen Handwerkschritte. Jedes Model hat wieder neue Knackpunkte, die wir schon während der Entwicklung zu berücksichtigen versuchen. Insbesondere das Apfelleder hat spezifische Anforderungen an die Schuhproduktion. Und die haben wiederum Auswirkungen auf das Design.


Digitalisierung eines alten Handwerks

Je nach Manufaktur und Mitarbeiter reicht das Spektrum von «komplett analog» zu «stark digitalisiert». Ein Beispiel: Manche Pattern-Maker arbeiten noch mit physischen Schnittmustern aus Karton. Die jüngeren Designer dagegen arbeiten alle digital. Mein Produzent hat generell ein recht hohes Digitalisierungslevel und treibt dieses voran. Aber auch wir mussten gewisse physische Schnittmuster digitalisieren.


Ein weiteres Beispiel: Für das «Cutting» (Ausschneiden der Schuhteile aus dem Rohmaterial) arbeiten wir manchmal mit einer Maschine. Diese platziert die Schnittmuster zunächst auf dem Rohmaterial automatisiert, damit beim Schneiden möglichst wenig Resten entstehen: Quasi ein digitales Puzzle – echt faszinierend! Da mein Apfelleder in Stoffballen mit regelmässigen Abmessungen daherkommt und alle meine Schnittmuster digitalisiert sind, funktioniert das grundsätzlich super. Aber nicht für jedes Modell: Je nach Weiterverarbeitung werden bessere Ergebnisse erzielt, wenn die Teile nach wie vor von Hand geschnitten werden.


Intensive Tage - in schlecht isolierten Gebäuden

Wer sich die Produktionsbesuche nun aber so vorstellt, dass ich den ganzen Tag in gestylten Showrooms sitze und ab und zu auf der Produktionsfläche ein paar Änderungswünsche durchgebe, der irrt. Es ist eher wie ein hochkonzentriertes Dauermeeting.


Natürlich versuche ich immer, die Zeit in Portugal optimal zu nutzen, so viele (potenzielle) Produktions-Partner wie möglich persönlich zu treffen und mich von neuen Ideen inspirieren zu lassen.


Viele Produktions-Partner besuchen, heisst viel herumfahren. Auch wenn sie alle recht nahe beieinander liegen, verbringe ich viel Zeit im Mietwagen. Die Mittagspausen nutze ich in der Regel immer, um von einem Termin zum nächsten zu fahren. Und etwas, dass ich am «Sommer-Urlaubsland Portugal» total unterschätzt habe: Das Klima in Atlantik-Nähe kann schon mal recht garstig sein. Es wird ungemütlich kalt, wenn man den ganzen Tag in schlecht isolierten Gebäuden herumsitzt, gerade bei schlechtem Wetter.


Ich komme an diesen Tagen fast immer völlig ausgehungert und bis auf die Knochen durchgefroren «nach Hause». Dann erledige ich noch die dringenden Angelegenheiten am Laptop aus dem Daily Business in der Schweiz.


Zusammengefasst: Die Tage sind ereignisreich, extrem lehrreich und inspirierend, aber auch stressig und lang.


Work & Surf?

Neben meiner Leidenschaft für Schuhe hege ich noch eine zweite: Das Surfen. Auch das geht in Portugal prima. Ich habe in der Nähe der Manufakturen direkt am Meer die Oporto Surf Lodge gefunden, wo ich jeweils wohne - ein Bijou inklusive Surfboardverleih!

Da ich immer alleine unterwegs bin, kann das mitunter auch mal etwas einsam sein. Gerade nach so ereignisreichen Tagen habe ich am Abend immer ein recht grosses Mitteilungsbedürfnis. Natürlich telefoniere ich nach Hause, aber ich habe schon bei meinem ersten Produktionsbesuch festgestellt, dass ich abends nicht gerne allein in einem Hotelzimmer sitze. Wenn ich also abends in die Surf-Lodge nach Hause komme, fragen immer alle, wie es in der Fabrik war und ich erzähle von den Ereignissen des Tages. Das ist echt schön und ein ideales Setup für mich.


Aber wie steht es denn nun mit dem Surfen?


Ehrlicherweise war ich – alle Besuche zusammengenommen – bisher nur ein einziges Mal (!) im Wasser. Selbst jetzt, als ich sogar für eine ganze Woche da war, hat die Zeit einfach nicht gereicht. 🙈 🤷‍♀️


PS: Weitere Bilder und Videos dazu findest du auf Instagram und Facebook.


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